DEN LOBBYISMUS ZÜGELN
Der Austausch zwischen Politik und InteressensvertreterInnen ist für alle Beteiligten ein wesentlicher Grundpfeiler bei der Ausgestaltung von Regelungsvorhaben und eine Voraussetzung für die gesellschaftliche Kompromissfindung. In Deutschland bestimmt das öffentliche Verbänderegister bereits seit seiner Einführung im Jahr 1972 die Lobbyregeln, an die sich InteressensvertreterInnen halten müssen. Da diese bereits überholt sind, fordern Transparency Deutschland und der VCI, dass die Vorgaben der heutigen Zeit angepasst werden sollen.
Dabei setzen sich Transparency und der VCI für ein umfassendes Interessensvertretungsgesetz ein, das allen InteressensvertreterInnen, aber auch den Mitgliedern des Bundestags sowie politischen AmtsträgerInnen gerecht wird. Die Grundpfeiler für eine transparente Interessensvertretung sehen sie in der Erfüllung folgender Punkte:
– Erstellung eines Transparenzregisters
– Formulierung eines Verhaltenskodex
– Einführung von Online-Konsultationen
– Schaffung einer Stelle für ein/n Lobbybeauftragte/n
Im für die Öffentlichkeit frei einsehbaren Transparenzregister sollen Stakeholder wie Verbände, Unternehmen, NGOs, Stiftungen, Gewerkschaften, religiöse Vereinigungen, Anwaltskanzleien, Think Tanks, Beratungsunternehmen, Public-Affairs-Agenturen, selbstständige Beraterinnen und Berater sowie kommunale Spitzenverbände und Einrichtungen der Selbstverwaltung erfasst werden. Des Weiteren soll ein entsprechender Abschnitt über Tätigkeitsfelder beziehungsweise Interessenbereiche der registrierten Interessengruppen informieren sowie die Höhe der für die Interessenvertretung eingesetzten Finanzmittel ausweisen. Zudem wird gefordert, die Herkunft von finanziellen Zuwendungen an die Organisationen von InteressensvertreterInnen, die insgesamt eine Summe von 50.000 Euro im Kalenderjahr übersteigen, offenzulegen.
Der geforderte Verhaltenskodex hat laut Transparency und dem VCI den Sinn, für alle InteressensvertreterInnen einheitlich die Grundsätze transparenter Interessenvertretung festzuhalten. Darüber hinaus soll er über Rechte und Pflichten im Umgang mit Mitgliedern des Bundestags sowie politischen AmtsträgerInnen aufklären. Außerdem wird der Vorschlag vorgebracht, bei Verstößen gegen die Leitlinien des Kodex auch Sanktionsmaßnahmen vorzunehmen, wie etwa die Sperrung des Zugangs zu politischen Institutionen (Ministerien und Bundestag), oder die Sperrung der aktiven Teilnahme an öffentlichen Anhörungen.
Um Geheimnistuereien hinter geschlossenen Türen zu vermeiden, schlagen Transparency und der VCI vor, eine digitale Konsultationsplattform einzurichten. Diese würde es federführenden Ministerien weiterhin ermöglichen, eine Auswahl an Stakeholdern zu treffen, die nach entsprechender Aufforderung durch das zuständige Ministerium ihre Eingaben innerhalb einer gesetzten Terminfrist – analog zum Online-Konsultationsverfahren auf EU-Ebene – zum jeweiligen Regelungsvorhaben veröffentlichen. Des Weiteren könnten alle im Transparenzregister registrierten InteressensvertreterInnen ihre Position ebenfalls auf dieser Onlineplattform veröffentlichen. So wäre das zuständige Ministerium einerseits in der Lage, die Eingaben eines von ihm ausgewählten Expertenzirkels gezielter auszuwerten und andererseits alle Positionen der verschiedensten Interessenvertreter an einem Ort gebündelt zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus wären die Eingaben dokumentiert und für die Öffentlichkeit einsehbar.
Abschließend wird der Einsatz einer/s »Lobbybeauftragten« empfohlen, der/die neutral und überparteilich ist, um durch objektive Kontrolle eine verantwortungsvolle Beteiligung von InteressensvertreterInnen am politischen Willensbildungsprozess zu gewährleisten. Die wesentlichen Aufgaben der/s Lobbybeauftragten sollten die Überwachung und Sicherung der Einhaltung der Umsetzung des Interessensvertretungsgesetzes, die Erstellung der Vorschläge für etwaige Sanktionen sowie die Präsentation eines regelmäßigen Lobbyberichts sein.
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